Kurztrip nach Aranđelovac

Aranđelovac ist eine größere Stadt im Bundesland Šumadija. Šuma ist das serbische Wort für Wald und ist sehr beschreibend für diese Gegend. Natürlich wollen wir nicht in die Stadt Aranđelovac, die finden wir nämlich gar nicht so schön, sondern eher in die Natur um diese Stadt herum.

Am Vormittag starten wir unsere Reise von Šid aus und fahren nach Osten bis Belgrad, dort wenden wir uns Richtung Süden. Wir ziehen die Bundesstraße, die durch Wälder führt, der Autobahn vor und suchen ein ruhiges Plätzchen in der Natur, wo wir unsere Jause verspeisen können. Doris und ich finden, dass die Landschaft hier der Toskana ähnelt. Ich habe vorab über Google Maps in einem kleinen Dörfchen eine alte Klosterruine, die angeblich aus dem 13. Jahrhundert stammt, im Wald ausfindig gemacht, die fast auf unserem Weg nach Aranđelovac liegt. Die Klosterruine Kastaljan.

Nach unserer Pause dauert es nur noch 45 Minuten bis zur Ankunft in unserer Unterkunft in den Hügeln um Aranđelovac. Die Unterkunft ist atemberaubend, der Ausblick ist der Wahnsinn und die Kinder haben bereits andere Kinder und einen Spielplatz zum Spielen gefunden. Morgen sehen wir uns dann in der Gegend um 🙂

Am nächsten Tag ist es morgens kühl, aber wir werden am Vormittag ganz unverhofft mit strahlend schönem Wetter überrascht. Es braucht ein wenig Überredung, um die Kinder von ihren neuen Freund*innen zu trennen, aber Doris und ich brauchen auch ein bisschen Action und möchten die Gegend hier erkunden. Wir parken das Auto im Ort und starten dort auf der „staza zdravlja“, übersetzt „Gesundheitsweg“. Es ist ein stinknormaler Wanderweg, der uns durch den dichten Wald rauf auf den kleinen Berg „Bukulja“ führt. Etwa zwei Kilometer immer bergauf, wir schwitzen ganz schön und die Kinder jammern fast unentwegt. Unterwegs werden wir vom Geruch des Bärlauchs begleitet. Oben angekommen fallen wir hungrig wie die Wölfe über unsere Jause her. Danach besteigen wir noch den Aussichtsturm und dann geht es wieder zurück.

Ich möchte eigentlich noch zu einem See fahren, aber die Kinder sind davon nicht begeistert. Wir versprechen den Kindern, dass wir eh nicht mehr wandern, sondern uns nur den See ansehen. Die Straße ist wieder mal schmal, kurvig, bergauf und bergab und in schlechtem Zustand. Kurz vor dem See verhindert eine Baustelle die Weiterfahrt und wir müssen umkehren. Egal. Ein wenig einkaufen müssen wir übrigens auch noch, also fahren wir zu einem großen Supermarkt namens „Fortuna“, wo wir ganz unerwartet in die Shopping-Hölle eintauchen. Doris und ich sind beide sehr sensible, Ruhe liebende Menschen und dieses wilde Gewusel macht uns wahnsinnig. Plötzlich fällt mir wieder ein, dass nicht nur gestern ein Feiertag war, sondern ja dieses Wochenende orthodoxes Ostern ist. Morgen ist also Karfreitag und da haben die Geschäfte ebenfalls irreguläre Öffnungszeiten.

Anmerkung von Doris: Wir fallen hier ziemlich auf mit unserem österreichischen Auto und dadurch, dass wir Deutsch sprechen und beide Frauen mit Kurzhaarschnitt sind, was hier eine Seltenheit ist. Oft werden wir unverschämt angestarrt, als wären wir Aliens. Anscheinend gibt es hier in diesem Teil Serbiens kaum Menschen aus anderen Ländern. Ein seltsames Gefühl für mich, mal in dieser Rolle zu stecken. Diese Gegend ist vom ausländischen Tourismus noch unberührt, was ich sehr schade finde, weil Serbien sehr viel zu bieten hat.

Tag 3 ist angebrochen und morgen fahren wir schon wieder heimwärts. Heute haben wir schottisches Wetter, regnerisch und immer wieder mal Regenpausen. Da das Wetter so unvorhersehbar ist, entscheiden wir uns gegen eine weitere Wanderung und checken stattdessen die Stadt aus. Hier gibt es nämlich einen schönen Kurpark. Im Kurpark kann man sich ein hier in Serbien allseits bekanntes Mineralwasser direkt von der Quelle abzapfen „Knjaz Miloš“. Wir schlendern einfach nur gemütlich durch den außergewöhnlich schön gestalteten Park, machen Fotos, essen unsere Jause. Dann locken uns noch das Stadtzentrum und die Hauptstraße. Wir finden auch zwei sehr liebesbedürftige Straßenhunde, denen wir nicht widerstehen können. Bevor es uns weiterzieht, geben wir ihnen Streicheleinheiten und Hundefutter. Am Tag unserer Ankunft meinten wir, dass Aranđelovac eine nicht besonders schöne Stadt ist, hier auf der Hauptstraße mit den vielen Geschäften revidieren wir unsere Meinung ein wenig. Das Stadtbild ist zwar stark geprägt von der kommunistischen Zeit mit hässlicher Betonarchitektur – aber auch das hat für uns einen gewissen Charme.

Das Wetter hat erstaunlich gut gehalten. Erst als wir uns auf den Rückweg zum Auto machen, beginnt es wieder leicht zu regnen. Die Kinder möchten schon nach Hause, aber Doris und ich wollen noch ein paar interessante Locations auschecken.

Tag 4 – Nachdem es gestern sehr kalt war und wir sogar heizen mussten, lugt die Sonne ein wenig durch die Wolken und es verspricht, ein schönerer Tag zu werden. Wir verabschieden uns aber leider aus unserem schnuckeligen Domizil – die Kinder sind sehr traurig – und machen uns auf den Weg, um uns Zemun, den Stadtteil von Belgrad anzusehen, der erst seit 1945 Teil der Stadt Belgrad ist. Hier in Serbien ist Karsamstag, und wir hoffen auf wenig Verkehr. Aber es ist alles kein Problem, wir finden zufällig einen gratis Parkplatz ganz in Zentrumsnähe, neben einem großen Park mit Spielplatz. Nach der zwar nur 1 ½ stündigen Fahrt sind die Kinder froh, sich erstmal am Spielplatz auszutoben. Danach gehts auf Restaurantsuche, wir wollen wenigsten einmal essen gehen während unseres Kurzurlaubs. Wir werden fündig bei „Od Magdalene“ an der Strandpromenade der Donau. Hier reiht sich ein Lokal an das andere und es warm genug, um draußen sitzen zu können. Auf dem Weg hierher bekommen wir nicht nur einen ersten Eindruck dieses wirklich sehenswerten Stadtteils von Belgrad, die Pflastersteine werden Johannsen zum Verhängnis und es gibt ein paar blutige Stellen an den Händen zu versorgen. Zum Glück sitzen ein paar Leute vor dem Haus und sie versorgen uns mit Desinfektionsspray und Pflastern. Sehr nett. Trotzdem auch Hüfte und Knie einiges abbekommen haben, lassen wir uns nicht abhalten, alles anzusehen, was wir uns vorgenommen haben. Der Altstadtteil Zemuns ist sehr schön, enge Gassen, kleine Geschäfte, schöne alte Häuschen. Und auch sehr viele Touristen. Sehr oft hören wir Russisch. Besonders sehenswert ist der Turm Gardoš auf einer Anhöhe mit weitem Blick über Belgrad. Wir entdecken dann auch noch eine Fußgängerzone und genießen ein Eis, mittlerweile ist es ziemlich warm geworden. Als wir über den Markt schlendern, kommen wir ins Gespräch mit einer jungen Marktverkäuferin die begeistert von den Kindern ist und die schneller spricht, als Doris denken kann. Sie lädt uns ein, wieder zu kommen und sie zu besuchen. Das ist eine andere Seite Serbiens. Die Kinder haben brav alles mitgemacht, daher dürfen sie sich mit Doris noch ein wenig am Spielplatz im Park austoben, während Johannsen nochmal durch die Straßen schlendert und die Atmosphäre genießt. Wir sind sehr angetan von Zemun und wollen auf jeden Fall noch einmal hierherkommen und uns noch mehr ansehen.

Was uns besonders auffällt und gefällt, ist die Diversität, die überall sichtbar ist. Nicht selbstverständlich, wenn man in einer serbischen Kleinstadt lebt bzw. hauptsächlich dort auf Besuch ist.

Auf dem Heimweg googeln wir noch die Geschichte von Zemun und stoßen dabei auf ein Buch, dessen Handlung in Zemun spielt. Die Rezensionen klingen gut, also werden wir uns das Buch besorgen, um einen noch besseren Eindruck zu bekommen. Es ist „Die Ohrfeige“ von David Albahari.

Schön war er, unser kleiner Kurzurlaub und schön ist es, immer wieder neue Orte und überhaupt Neues zu entdecken. Für Naturliebhaber die ein gemütlliches Zuhause schätzen, können wir die Unterkunft von Vesna sehr empfehlen.

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