Cornwall – Wandern zwischen Klippen, Küsten und charmanten Städten

Viel zu lange war ich nicht in Großbritannien und auch jetzt bin ich, obwohl schon wieder eine Weile im Alltag zurück, noch nicht ganz angekommen, sondern hänge noch ein wenig fest an der südwestlichsten Grafschaft Englands, an den rauen Küsten, mystischen Landschaften und schnuckeligen Küstenstädtchen. Diese Ecke Englands ist ein Paradies für Naturliebhaber und Küstenfans, die sich nicht scheuen, auch mal zu Fuß neue Pfade zu erkunden. Irgendwo habe ich gelesen, dass das wahre Herz Cornwalls draußen schlägt, auf den vielen Wanderwegen, die sich an der zerklüfteten Küste entlangwinden oder durch das grüne, hügelige Landesinnere führen. Ich kann das nur bestätigen nach neun Tagen im grünen Paradies von Rosamunde Pilcher.

Die Berlintochter und ich haben mit dem obligatorischen Rother Wanderführer, einem kleinen Mietauto, ausgehend von einer netten Unterkunft in zentraler Lage Cornwall im wahrsten Sinne des Wortes unsicher gemacht – was bei den dortigen Straßenverhältnissen nicht schwer ist. Cornwall ist berühmt – oder berüchtigt – für seine sogenannten Single Lane Roads. Das sind einspurige Straßen, auf denen zwei Autos nicht aneinander vorbeikommen. Wer zuerst in eine der zahlreichen Ausweichbuchten fährt, gewinnt auf jeden Fall einen dankbaren Gruß durch die Windschutzscheibe. Die Lichthupe wird hier eingesetzt um zu signalisieren – ich lasse dir die Vorfahrt! Zusätzlich gibt es unzählige Kreisverkehre. Kleine, große, doppelte, dreifache – in Cornwall scheint jede Kreuzung ein Roundabout zu sein.

Wir haben bewusst die Vorsaison für unsere Reise ausgewählt, da meine englische Freundin meinte, wir werden keine Freude haben, wenn wir Cornwall während der englischen Ferienzeit besuchen. Und Recht hatte sie. Während unserer gemeinsamen Urlaube bevorzugen wir viel Natur, einsame Wanderrouten, entspanntes Schlendern in den Städten und keinen Massentourismus. Daher haben wir auch lange hinter den Wunsch Cornwall zu sehen, ein Fragezeichen gesetzt. Aber wir hatten Glück, bis auf einen Tag – den Pfingstsonntag – war es genauso, wir wir uns unseren Aufenthalt gewünscht hatten.

Unsere Ankunft in Bristol beginnt typisch englisch – es regnet. Nach einer kurzen Nacht in einem kleinen Hotel in Flughafennähe holen wir am nächsten Morgen unser Mietauto ab und machen uns auf den Weg Richtung Süden. Da wir erst spät unsere Unterkunft ein Stück außerhalb von Newquay beziehen können, machen wir einen kleinen Umweg und besuchen die Stadt Sherborne. Hier hat Meggie als 11-jährige ihre erste Englanderfahrung gemacht in einem Internat einer Schule im Rahmen einer Sprachreise. Sie hat damals eine große Liebe zu diesem Land entwickelt, viele Englandreisen waren die Folge und ein Schüleraustauschjahr in Liverpool. Die Liebe ist geblieben und manchmal fragt sie sich, was wäre gewesen, wenn sie geblieben wäre …

Den Weg zu unserer Unterkunft finden wir auf Anhieb und machen erstmals Bekanntschaft mit einer Single Lane Road mit hohen Hecken. Hui, das kann ja lustig werden. Wir landen irgendwo mitten im Nirgendwo, links und rechts der Schotterstraße sehen wir jede Menge Hasen, die panisch davonjagen, als wir in ihr Idyll eindringen.

Dass Cornwall ein Wanderparadies ist, hatte ich ja schon erwähnt. Die Küstenpfade bieten spektakuläre Ausblicke – und manchmal auch einen kräftigen Windstoß, der einen an der Jacke zerrt. Hier einige unserer Highlights:

Rundweg Newquay Holywell Bay – Newquay: Eine gemütliche Etappe über Dünen, Felsen und Sandstrände. Ideal, um die Seele baumeln zu lassen – oder sich vom Atlantik durchpusten zu lassen. Allerdings ein beliebter Spot – es sind sehr viele Menschen (und Hunde) unterwegs.

St. Mawgan: Ein idyllischer Ort im Landesinneren, ideal für einen ruhigen Spaziergang durch Wälder und Felder.

Der Dartmoor Nationalpark liegt zwar schon in Devon, aber wir wollten unbeingt dahin. Eine mystische Hügellandschaft voller Tors – schroffe Granitfelsen, die wie zufällig gestapelt in der Landschaft liegen. Hier trifft man auf wilde Ponys, neblige Moore und endlose Weite. Dartmoor ist rau, ursprünglich und auf seine eigene Art wunderschön – ein Kontrast zur Küste. Die Wanderung führt uns etwa 6 Stunden über Hügel, Wiesen, Felder, Weiden, Flüsse, Brücken und Wälder.

Helston & der Loe Pool: Ein ruhiger Rundweg um den größten natürlichen See in Cornwall. Ideal für eine entspannte Pause zwischen Küstenabenteuern. Nur ein schmaler Sandstreifen trennt den See vom Meer!

Zennor: Ein sagenumwobenes Dorf mit rauer Schönheit. Von hier aus führt ein wilder, teils anspruchsvoller Pfad entlang der Küste Richtung St. Ives – landschaftlich atemberaubend. Aber wie gesagt – sehr anstrengend mit Klettern über hohe Felsblöcke, puh!

Housel Bay, Lizard Point & Kynance Cove: Das absolute Muss in Cornwall. Hier treffen grüne Wiesen auf dramatische Klippen und smaragdgrünes Wasser. Am Lizard Point, dem südlichsten Punkt Englands, hat man das Gefühl, die Welt endet – und das im besten Sinne.

Wir sind natürlich nicht nur gewandert. Dazwischen haben wir uns Städte und Örtchen angesehen, haben unzählige Charity Shops besucht und das eine oder andere Stück mit nach Hause genommen. Haben Pasties gegessen und viele, wirklich viele Schokoladen gekauft.

Wir waren zum Beispiel in Truro, Cornwalls kleine Hauptstadt überzeugt mit einer eindrucksvollen Kathedrale und hübschen Gassen.

In Newquay waren wir nur kurz, die Stadt lockt mit Surfer-Flair und Fußgängerzonen mit süßen Geschäften, Cafés und Restaurants.

Falmouth begeistert uns mit seinem charmanten Hafen und der maritimen Atmosphäre.

Plymouth in Devon, historisch bedeutsam als Abfahrtshafen der Mayflower. Wird auch als Tor nach Cornwall bezeichnet.

Ein echter Geheimtipp ist die Zugfahrt von St. Erth nach St. Ives – eine der schönsten Bahnstrecken Großbritanniens. Der kleine Zug rattert entlang der Küste, vorbei an goldenen Stränden und türkisblauem Meer. Und St. Ives ist der angeblich schönste Ort in Cornwall, den man gesehen haben muss. Uns war es allerdings zu voll und touristisch.

Den letzten Tag verbringen wir in Penzance. Nach einem wunderschönen Spaziergang an der langen Strandpromenade und einem letzten Stöbern in den Geschäftsstraßen genießen wir ein Abendessen in einem der zahlreichen Pubs. Ein traditioneller Abschluss unserer Urlaube, bei dem wir die unseren gemeinsamen Urlaub noch einmal reflektieren.

Wir haben längst nicht alles gesehen, was wir sehen wollten. Vieles hätte uns noch interessiert, aber wir waren entweder schon zu müde, oder die Straßen waren mir zu anstrengend oder wir hatten dann einfach keine Zeit oder keine Lust mehr. Aber so ist das einfach. Wir wollen ja auch keinen Stress, sondern genießen und Zeit zusammen verbringen und gute Gespräche führen. Und das hatten wir und das muss reichen.

Wir haben auch einiges gelernt, z.B. gilt in Großbritannien ein gewisses Wegerecht und so kommen wir auch durch so manchen Hof und öffnen und schließen unzählige Gatter. Und wir lernen den Unterschied kennen zwischen Public footpath (nur zum Gehen) und Bridleway (Gehen, Reiten und Radfahren).

Was uns in den Supermärkten besonders aufgefallen ist: Es gibt riesige Abteilungen mit Fertiggerichten in allen möglichen Geschmacksrichtungen nach Ländern sortiert. Dazu habe ich ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass
die Liebe der Briten zu Fertiggerichten eine Mischung ist aus Bequemlichkeit, Angebot, Essgewohnheiten und Supermarktkultur. Zwar gibt es auch eine wachsende Szene für frische und regionale Küche, aber das „ready meal“ bleibt ein fester Bestandteil der britischen Essenslandschaft – ganz ohne schlechtes Gewissen.
Sehr interessant – und jetzt wundere ich mich auch nicht mehr, dass in unserer Unterkunft die Küche mit Kochutensilien so spartanisch eingerichtet war, es aber eine sehr große Mikrowelle gab.

Cornwall hat uns sehr gut gefallen. Naja, abseits von den Straßenverhältnissen 🙂 Auch von der Freundlichkeit und Höflichkeit der Menschen waren wir beeindruckt. Und wenn ich nicht mehr Auto fahren muss, komme ich auch gerne noch mal, aber das steht in den Sternen.

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