Eine kleine Geschichte

Manchmal werden wir auf wundersame Weise überrascht von Menschen, die plötzlich unerwartete Dinge sagen oder tun und uns beschenken mit ihrem besonderen Wesen. Die kleine Geschichte habe ich selbst erlebt, vor – hm – mittlerweile vielen Jahren…..

Es war frühmorgens Ende April, als sie die Straße entlang gingen, Hand in Hand und gut gelaunt. Die milde Nachtluft spielte sanft mit ihrer Haut. Ihre zügigen Schritte passten sich wieder wie selbstverständlich aneinander an. Schon bei ihrem ersten Spaziergang hatten sie sich über die Übereinstimmung ihres Gehtempos gefreut.
Auf der tagsüber stark befahrenen Straße war es ungewohnt still. Fröhlich plaudernd bewegten sie sich in Richtung seiner Wohnung.
Nach einiger Zeit verließ er den Gehsteig, um den Heimweg Mitten auf der Straße fortzusetzen.
Etwas verwundert überquerte sie die Staßenbahnschienen, um wieder bei ihm zu sein. Er breitete seine Arme aus und rief: „Kein Auto weit und breit! Die Welt gehört uns ganz allein! Ist das nicht wunderbar?“ Sie ließ sich von seiner kindlichen Freude anstecken und so setzten sie ihren gemeinsamen Weg mit dieser Allmachtsphantasie fort. Doch schon bald wurde die Magie des Augenblicks von einem herannahenden Auto gestört und ihr Spaß beendet.
Schweigend gingen sie nun doch wieder auf dem Gehsteig weiter.
Plötzlich hielt er inne, machte einige Schritte zurück, dann wieder nach vor und schließlich zur Seite. Die Art, wie er seinen Kopf bewegte, ließ vermuten, dass er etwas gesucht, und nun gefunden hatte. „Jetzt“ sagte er feierlich, „weiß ich auch ganz genau, dass ich dich hier küssen muss.“
Er ging auf sie zu. Lachend erwiderte sie: „Ah, du hast also erraten, dass ich das jetzt unbedingt auch will!“.
Ihre Gesichter näherten sich langsam und sie küssten einander. Er war ein sanfter, zärtlicher Kuss. „Ja“ antwortete er dann. „Das hier ist nämlich genau die Stelle, an der wir uns damals gestritten haben. Und jetzt haben wir uns mit ihr versöhnt. Denn – was kann denn diese Stelle für unseren Streit?!“
Als sie weiter spazierten, schüttelte sie etwas erstaunt aber auch belustigt den Kopf.
„Das sollte ich aufschreiben“ meinte sie schließlich.
Und ihr lächelndes Herz schenkte ihr einige Momente des Glücks.

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